Die Hausärzte der EBA: „Sie sind unser Ass im Ärmel!“
Übermorgen (27. Mai) ist der „Tag der Notfallmedizin“: Grund genug, um eine spezielle Einrichtung der Notaufnahme des LKH-Univ. Klinikum Graz vorzustellen – die Allgemeinmedizinische Praxis (AMP). Hier ordinieren eine Allgemeinmedizinerin und ein Allgemeinmediziner und tragen dazu bei, dass Patient*innen in der extrem stark frequentierten, sogenannten EBA (Erstuntersuchung-Beobachtung-Aufnahme) noch effizienter versorgt werden können. Dabei sind die Hausärztin und der Hausarzt eine wertvolle Ergänzung im Klinikalltag, ersetzen aber keinesfalls die Kolleg*innen im niedergelassenen Bereich. Landesrätin Dr.in Juliane Bogner-Strauß sowie Univ.-Prof. Ing. Dr. Gerhard Stark, KAGes-Vorstandsvorsitzender, und KHBW Ernst Fartek, MBA, KAGes-Finanzvorstand, überzeugten sich vor Kurzem persönlich vor Ort von dem interdisziplinären Angebot und waren sichtlich davon angetan.
„Sie sind unser Ass im Ärmel“, antwortet EBA-Leiter Dr. Philipp Kreuzer prompt auf die Frage, welchen Stellenwert seine Kollegin Dr.in Julia Ghahramani und sein Kollege Dr. Fabian Ferder im Alltag der Notaufnahme des Uniklinikum Graz haben, in der internistische und neurologische Notfallspatient*innen versorgt werden. Durch die beiden können nämlich jene rascher versorgt werden, die eigentlich eine hausärztliche Betreuung benötigen würden. Ghahramani und Ferder betreuen diese Patient*innengruppe allgemeinmedizinisch, sind also die Hausärztin bzw. der Hausarzt in der Notaufnahme. Die Ordination der beiden trägt den Namen AMP (Allgemeinmedizinische Praxis) und liegt direkt neben dem Untersuchungsraum, in dem die Patient*innen aufgenommen werden. Nicht selten kommt es vor, dass Ghahramani oder Ferder bei der Aufnahme dabei sind und die Patientin/den Patienten gleich übernehmen, sodass sie/er erst gar nicht im Warteraum Platz nehmen muss.
Aktuell wird während der Öffnungszeiten der AMP etwa jede/r vierte Patient*in in der EBA allgemeinmedizinisch versorgt. Seit der Eröffnung der Praxis im Oktober 2020 waren es mehr als 2.500 Personen. Kommt ein/e Patient*in in die AMP, wird sie/er klassisch, allgemeinmedizinisch versorgt, bei Bedarf können aber weitere Untersuchungen angeordnet werden. „Grundsätzlich gilt für uns: Jede/r, die/der zu uns kommt, empfindet sich als Notfallpatient*in. Wir finden dann heraus, welche Behandlung passt“, sagt Kreuzer.
Dr.in Juliane Bogner-Strauß, steirische Landesrätin für Bildung, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege, hat sich vor Kurzem die Abläufe vor Ort angesehen: „So sieht für mich fächerübergreifende Medizin im Sinne der Patient*innen aus. Ich erhalte einerseits eine rasche und professionelle, allgemeinmedizinische Abklärung, profitiere aber im Fall des Falles vom Angebot der Grazer Universitätsklinik mit all ihren medizinischen Möglichkeiten“, betonte sie, wies in der Folge aber auch darauf hin, dass das allgemeinmedizinische Angebot auf der EBA unbedingt als Ergänzung im klinischen Alltag zu sehen sei und keinesfalls einen Ersatz für die Arbeit der Hausärztinnen und -ärzte im niedergelassenen Bereich darstelle. Der erste Weg bei Beschwerden sollte also nach wie vor zur/m (eigenen) Allgemeinmediziner*in führen, erklärte die Landesrätin.
Manchester Triage System (MTS)
Bei der Ankunft werden die Patient*innen von speziell geschulten, diplomierten Pflegepersonen zu ihren Beschwerden und Symptomen befragt, danach erfolgt die Einschätzung der Behandlungsdringlichkeit nach internationalen Richtlinien, dem Manchester-Triage-System. Je nach Dringlichkeit – von 1 (sofort) bis 5 (nicht dringend) – kommen die Patient*innen sofort in den Behandlungsbereich oder werden allgemeinmedizinisch versorgt bzw. auch gebeten, im Wartebereich Platz zu nehmen.
Das LKH-Univ. Klinikum Graz ist das österreichische Referenzkrankenhaus für MTS und damit nach wie vor das einzige Ausbildungszentrum für die Ersteinschätzung nach dem Manchester-Triage-System in Österreich. Regelmäßig finden daher auch Schulungen für Mitarbeiter*innen anderer Krankenhäuser am Uniklinikum statt.
Versorgung von bis zu 145 Patient*innen pro Tag
Diesem Appell schließt sich auch Kreuzer mit Nachdruck an, denn mittlerweile versorgen er und sein Team an Spitzentagen bis zu 145 Patient*innen. Tendenz steigend. Durch die AMP könne diese Versorgung zwar ein Stück weit effizienter gestaltet werden, dennoch ist das Patient*innenaufkommen so hoch wie noch nie und die Belastung für die Mitarbeitenden daher dementsprechend groß – an manchen Tagen sogar grenzwertig. Bevor man also entscheide, selbst in die EBA zu kommen, solle man unbedingt die Hausärztin/den Hausarzt kontaktieren und ihr/ihm die Entscheidung überlassen, wann der Weg in die Notaufnahme des LKH-Univ. Klinikum tatsächlich unvermeidbar ist.
Dr.in Ghahramani und Dr. Ferder sind übrigens neben ihrer Tätigkeit in der AMP nach wie vor im niedergelassenen Bereich tätig, was auch zum besseren Verständnis der Fachärztinnen und -ärzte der EBA für das Wesen der Allgemeinmedizin beiträgt. Die Ärztin und der Arzt teilen sich die Dienste in der AMP so auf, dass sie primär unter der Woche, vereinzelt auch am Wochenende zur Verfügung stehen.
Die AMP kann somit durchaus auch als eine Art Bindeglied zwischen dem klinischen und dem niedergelassenen Bereich gesehen werden. „Die Einrichtung ist eine effiziente abgestufte Versorgungsform im Rahmen der hoch spezialisierten Medizin, die an der EBA des LKH-Univ. Klinikum Graz geleistet wird und schlägt damit auch eine Brücke hin zur hausärztlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten“, konkretisierte KAGes-Vorstandsvorsitzender Univ.-Prof. Ing. Dr. Gerhard Stark, der ebenso wie KAGes-Finanzvorstand Dipl. KHBW Ernst Fartek, MBA der Visite von Landesrätin Bogner-Strauß in der EBA beiwohnte.
EBA (Erstuntersuchung-Beobachtung-Aufnahme)
Die EBA ist eine gemeinsame Einrichtung am LKH-Univ. Klinikum Graz und dient primär der Erstversorgung von Notfalls- und Spontanpatient*innen aus den Bereichen der Inneren Medizin (Univ.-Klinik für Innere Medizin), der Neurologie (Univ.-Klinik für Neurologie) und der Radiologie (Univ.-Klinik für Radiologie). Für die Behandlung der Patient*innen stehen fünf Untersuchungskojen, ein Sonographieraum, ein Raum für Notfallsendoskopie, ein Schockraum sowie drei Wartebereiche und ein Beobachtungsbereich mit acht Betten zur Verfügung. Hier können Patient*innen für maximal 24 Stunden monitorisiert und behandelt werden.
Die EBA wird an 7 Tagen pro Woche 24 Stunden lang von Fachärzt*innen (Internist*innen, Neurolog*innen und Radiolog*innen), einer Allgemeinmedizinerin und einem Allgemeinmediziner sowie Ärztinnen/Ärzten in Ausbildung und einem Pflegeteam betreut. Durchschnittlich werden ca. 100 Patient*innen pro Tag und an Spitzentagen bis zu 145 Patient*innen behandelt, etwa ein Drittel davon muss stationär aufgenommen werden. Jährlich nimmt die Patient*innenfrequenz um zehn Prozent zu. In der AMP (Allgemein Medizinischen Praxis) wird ca. jede/r vierte Patient*in der EBA versorgt.
Unterschiedliche Beschwerden aus den Bereichen Innere Medizin und Neurologie
Brustschmerzen, Atemnot und Bauchschmerzen oder Infekte zählen zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Patient*innen in die EBA kommen. Vielfach besteht auch der Verdacht auf Schlaganfall, Hirnblutung oder Herzinfarkt. Bestätigt sich dieser, können die Betroffenen direkt in der EBA intensivmedizinisch behandelt werden.
Außergewöhnliche Diagnosen reichen von Malariainfektionen über Dengue Fieber bis zum „verschluckten Elektrokabel“ oder der „verschluckten Batterie“. Ab und an bestätigen sich Erstdiagnosen aber auch nicht: So hat sich einmal eine Nierenkolik als Milzruptur oder der Thromboseverdacht als gebrochenes Bein entpuppt
Zentrale Notaufnahme. Beinbrüche bzw. generell chirurgische Notfälle werden derzeit noch in der chirurgischen Notfallsambulanz behandelt. Diese wird aber künftig mit der EBA in der „Zentralen Notaufnahme“ zusammengelegt. Damit gibt es eine Anlaufstelle für alle Notfallspatient*innen.
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Pressestelle des LKH-Univ. Klinikum Graz
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Auenbruggerplatz 1, 8036 Graz
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