Neue Behandlungsoption fĂŒr „Herzen im Sturm“

Pressemitteilung
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Bestrahlung gegen Herzrhythmusstörungen: Am Uniklinikum Graz gibt es eine neue Behandlungsoption fĂŒr Patient*innen mit lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, die auf andere Therapien nicht ansprechen. Sie werden hochdosiert am Herzen bestrahlt.

Univ.-Prof. Dr. Thomas Brunner, Vorstand der Univ. Klinik fĂŒr Strahlentherapie-Radioonkologie (zweiter von links) und Univ.-Prof. Daniel Scherr von der Klinischen Abteilung fĂŒr Kardiologie (zweiter von rechts) mit einem Teil des neuen STAR-Teams: Kardiologe PD Dr. Martin Manninger-WĂŒnscher (links) und dem leitenden Physiker Dr. Peter Winkler | ©LKH-Univ. Klinikum Graz / Laura Schaffelhofer

Mittlerweile sind es drei Patient*innen – die ersten drei in ganz Österreich – die an der Univ.-Klinik fĂŒr Strahlentherapie-Radioonkologie aufgrund massiver Herzrhythmusstörungen mit einer Bestrahlung behandelt wurden. Die Behandlung erfolgt in engster Kooperation mit der Klinischen Abteilung fĂŒr Kardiologie. Ähnlich wie bei der Krebstherapie, aber mit wesentlich höherer Dosis, wird dabei exakt jene Stelle im Herzmuskel bestrahlt, die fĂŒr die Rhythmusstörung verantwortlich ist.

Weltweit wurde dieser Eingriff – die sogenannte stereotaktische Strahlentherapie, eine punktgenaue, höchst prĂ€zise Form der Bestrahlung – bei Patient*innen mit Herzrhythmusstörungen erst rund 500 Mal durchgefĂŒhrt. Sie kommt in FĂ€llen zum Einsatz, wenn Patient*innen auf herkömmliche Methoden nicht ansprechen. „Es gibt Herzrhythmusstörungen, die weder durch maximale Medikation noch durch lokal-ablative Eingriffe in den Griff zu bekommen sind“, erklĂ€rt Univ.-Prof. Dr. Thomas Brunner, Vorstand der Univ.-Klinik fĂŒr Strahlentherapie-Radioonkologie. Bei diesen Patient*innen kommt es weiterhin zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen.

Gefahr des plötzlichen Herztods

Die Patient*innen, die in Graz behandelt wurden, hatten zu dem Zeitpunkt ihrer Bestrahlung bereits eine lange Krankengeschichte hinter sich. Sie leiden an ventrikulĂ€rer Tachykardie, ihre Herzen geraten immer wieder in den „elektrischen Sturm“. Als „elektrischer Sturm“ wird eine kontinuierliche, nicht zu unterbrechende Kammer-Tachykardie bezeichnet. Diese ist immer unmittelbar lebensbedrohlich. Verursacht werden die Herzrhythmusstörungen von Narbenarealen im Herzmuskel. Herkömmlicherweise wird mit Medikamenten, durch die Implantation eines Defibrillators oder durch Katheter-Ablationen behandelt, doch nicht bei allen Patient*innen ist damit eine Besserung zu erzielen. Mit Katheter-Ablation etwa können nicht alle Bereiche des Herzmuskels erreicht werden. „Genau da kommt die HochprĂ€zisionsbestrahlung ins Spiel“, erklĂ€rt Assoz.-Professorin Dr. Tanja Langsenlehner. Sie gehört wie Univ.-Prof. Thomas Brunner, Dr. Lukas Seiß und Dr. Peter Winkler dem neu gegrĂŒndeten STAR-Team an der Univ.-Klinik fĂŒr Strahlentherapie-Radioonkologie an, dem auch die Kooperationspartner der Klinischen Abteilung fĂŒr Kardiologie, Univ.-Prof. Dr. Daniel Scherr, PD Dr. Martin Manninger-WĂŒnscher und Ass. Dr. Ursula Rohrer angehören. Gemeinsam sind sie österreichweit das erste Expertenteam rund um diese neuartige Behandlung.

STAR-Expertise fĂŒr rasende Herzen

„Von einer ventrikulĂ€ren Tachykardie spricht man, wenn Herzen rasen. Das ist sozusagen ein elektrischer Sturm im Herzen“, erklĂ€rt Univ.-Prof. Daniel Scherr von der Klinischen Abteilung fĂŒr Kardiologie. Auch er freut sich ĂŒber die neue Therapieoption fĂŒr die gemeinsamen Patient*innen. Denn die ventrikulĂ€re Tachykardie ist immer ein medizinischer Notfall. Sie kann zu Kammerflattern oder Kammerflimmern fĂŒhren und das ist oftmals die Ursache fĂŒr plötzlichen Herztod. „Die stereotaktische antiarrhythmische Strahlentherapie, abgekĂŒrzt STAR, ist eine neue Behandlungsoption fĂŒr einige jener Patient*innen, bei denen die herkömmlichen Methoden nicht greifen“, prĂ€zisiert Brunner. „Nicht alle Patient*innen kommen fĂŒr die stereotaktische Strahlentherapie in Frage“. Ausschlusskriterien sind etwa eine zu große NĂ€he der zu bestrahlenden Stelle zur Speiseröhre, deren Gewebe durch die hohe Dosis geschĂ€digt werden könnte. Laut Prognose werden in Österreich pro Jahr fĂŒnf bis zehn Patient*innen von der neuen Therapie profitieren. FĂŒr sie ist sie jedoch entscheidend: Wenn der Eingriff funktioniert, sind die Herzrhythmusstörungen behoben und die Patient*innen beschwerdefrei. Laut Studien liegt diese Quote bei rund 80 Prozent.
Dr. Lukas Seiß, Assistenzarzt an der Univ.-Klinik fĂŒr Strahlentherapie-Onkologie, begleitet die Therapien der Grazer Patienten gemeinsam mit den Kolleg*innen der Kardiologie auch wissenschaftlich.

Vorteil der Strahlen ist ihre PrÀzision

Was genau bewirkt die Bestrahlung? „Die punktgenaue Bestrahlung fĂŒhrt zu einem Umprogrammieren des elektrischen Reizleitungssystems im Herzen“, erklĂ€rt Brunner. DafĂŒr wird eine genau definierte Stelle des Herzens im Linearbeschleuniger einmalig mit einer hohen Dosis bestrahlt. Dass Bestrahlung die elektrische Erregung im Herzen kontrollieren kann, wurde erstmals vor rund zehn Jahren entdeckt. Am Uniklinikum Graz soll sich die Expertise dazu nun weiter bĂŒndeln – Expert*innen der Strahlentherapie-Radioonkologie und der Kardiologie betreuen die Patient*innen gemeinsam. Derzeit ist Graz österreichweit die einzige Klinik, die diese Behandlung durchfĂŒhrt. Der bildgefĂŒhrte Eingriff selbst dauert zwar nur wenige Minuten, aber er verlangt penibelste Planung und extreme PrĂ€zision in einem multidisziplinĂ€ren Team. Die Strahlung muss exakt auf jenes Herzmuskelareal treffen, das fĂŒr den „Sturm im Herzen“ verantwortlich ist.

Mitglied im europÀischen STOPSTORM-Konsortium

„Seit diesem Jahr sind wir auch Mitglied des von der EU mit zwei Millionen Euro geförderten STOPSTORM-Projekts“, freut sich Thomas Brunner. „Graz wird als BrĂŒckenkopf fĂŒr einen engen Austausch des Wissens und der Erfahrung sorgen. Wir lernen permanent dazu, nicht zuletzt durch die Mitgliedschaft in diesem Konsortium.“

STOPSTORM steht fĂŒr „Standardized Treatment and Outcome Platform for Stereotactic Therapy Of Reentrant tachycardia by a Multidisciplinary“-Konsortium. Im Rahmen dieses internationalen Großprojekts werden Patient*innen, die an einem gefĂ€hrlich schnellen Herzrhythmus leiden, mit einem Bestrahlungsverfahren behandelt, das bisher hauptsĂ€chlich bei Lungenkrebs eingesetzt wurde. Mehr Info: www.stopstorm.eu

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